Antrag zum SPD-Bundesparteitag in Hamburg: „Demokratie stärken. Gewalt bekämpfen.

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Gewalt bekämpfen. Wirksam handeln gegen Rechtsextremismus.“

"Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben keinen Zweifel, dass die NPD eine aggressiv-kämpferische Grundhaltung gegenüber unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung hat. Deshalb muss die NPD verboten werden. Wir sehen nicht tatenlos zu, wie die NPD mit Steuergeldern ihre menschenfeindlichen Aktivitäten vorantreibt.

Wir fordern Bundestag, Bundesregierung und Bundesrat auf, einen Fahrplan für ein Verbot der NPD zu erarbeiten. Die SPD-Bundestagsfraktion wird gebeten, hierzu die Initiative zu ergreifen."

Antrag zum SPD-Bundesparteitag in Hamburg: „Demokratie stärken. Gewalt bekämpfen. Wirksam handeln gegen Rechtsextremismus.“

Der Parteivorstand der SPD hat am 20. August 2007 folgenden Antrag „Demokratie stärken. Gewalt bekämpfen. Wirksam handeln gegen Rechtsextremismus.“ für den SPD-Bundesparteitag in Hamburg beschlossen:

„Nazismus, alter Nazismus, aufgewärmter Nazismus, Neonazismus ist Verrat an Land und Volk“ (Willy Brandt, 1968)

1. Einleitung
Deutschland ist heute eine gefestigt Demokratie, in der Menschen unterschiedlichster Überzeugungen und unterschiedlichster Herkunft friedlich zusammen leben können. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wissen aber auch, dass sich die Feinde unserer Demokratie in den letzten Jahren mit einer bisher nicht bekannten Bereitschaft zu Hass und Gewalt neu organisiert haben. Durch Wegschauen und Kleinreden der Gefahr von Rechts, wie wir es in den letzten Jahren immer wieder erlebt haben und wie wir es leider bis heute auch von Vertretern demokratischer Parteien beobachten müssen, ist dem aufkommenden Neonazismus nicht beizukommen.
Wir brauchen in Deutschland ein politisches Klima, das unmissverständlich klar macht: Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung werden von uns nicht toleriert. Das demokratische Zusammenleben in Deutschland braucht daher mehr denn je eine starke Zivilgesellschaft und mehr Zivilcourage.
Wir wollen Zivilcourage gegen Rechtsextremismus auch weiterhin auf bundes-, landes- und kommunaler Eben fördern. Wir wissen: Der Kampf gegen Rechts ist langfristiger Natur und nicht durch kurzfristigen Aktionismus zu gewinnen.
Uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist dabei bewusst, dass gegen den harten Kern der gewaltbereiten Rechtsextremisten Maßnahmen von Jugendarbeit und sozialer Integration allein nicht helfen. Hier muss eine wehrhafte Demokratie Flagge zeigen und mit der ganzen Härte des Gesetzes gegen die braunen Demagogen vorgehen.
Der Kampf gegen die neuen Nazis bedarf des Engagements aller Demokraten. Die SPD wird diese Auseinandersetzung auch in Zukunft mit ganzer Kraft führen - für unsere Demokratie.

2. Kapitel: Rechtsextremismus in Deutschland
Der Rechtsextremismus in Deutschland hat in den vergangenen Jahren sein Gesicht verändert. Mit noch nie dagewesener Gewaltbereitschaft und Aggressivität wird Jagd auf Menschen gemacht, werden unsere demokratischen Werte bekämpft. Jeden Tag werden heute drei Gewalttaten mit rechtsextremistischem Hintergrund verübt – Tendenz steigend. Gleichzeitig wird mit immer subtileren Methoden versucht, antidemokratischen Parolen und Positionen in die Mitte der Gesellschaft zu transportieren.

Nazis versuchen heute Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit mit ökonomischen Themen in Verbindung zu setzen. Nicht mehr allein „Ausländer raus“ lautet deren plumpe Parole. Nazi-Propaganda wird verbunden mit Themen wie der Arbeitsmarktlage oder der Kritik an Globalisierung und Kapitalismus. Die Methoden variieren, doch auch unter dem neuen Deckmantel der Vertretung vermeintlicher sozialer Interessen verfolgen die alten und neuen Rechten weiter ihr Ziel: Die Beseitigung unserer freiheitlichen-demokratischen Grundordnung zugunsten eines völkischen Führerstaats.

Rechtsextremismus begegnet uns in den Köpfen der Menschen, im öffentlichen Raum und als Folge auch wieder in den Parlamenten. Dabei ist das stereotype Bild vom glatzköpfigen, bildungs- und sozialschwachen Schläger in Bomberjacke und Springerstiefeln ergänzungsbedürftig: Immer öfter treten Alt- und Neu-Nazis getarnt als Biedermänner in Erscheinung. „Intellektuelle" Rechte versuchen gezielt, bestehende kleinbürgerliche Ressentiments und Autoritätsfixierung bruchlos mit autoritäts- und staatsfeindlicher Militanz zu vermischen. Hinzu kommt eine erstarkende Medienpräsenz rechtspopulistischer und rechtsextremer Gesinnung, wie etwa in Presseorganen wie der Wochenzeitung „Junge Freiheit“.

Die rechtsextreme Szene ordnet sich offenbar immer mehr der NPD unter. Unverhohlen aggressiv verfolgt diese ihre rassistischen, antisemitischen und revisionistischen Ziele. Dabei erhebt sie mittlerweile den alleinigen Führungsanspruch im organisierten Rechtsextremismus. Personell ist die NPD inzwischen eng mit den so genannten „Freien Kameradschaften“ und ihren gewaltbereiten Mitgliedern verbunden. Auch nach ihrem Einzug in die Landtage von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern macht die NPD keinen Hehl aus ihren rechtsextremistischen und klar verfassungsfeindlichen Zielen – ganz im Gegenteil:

Seit den vergangenen Landtagswahlkämpfen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern ist die NPD zu massiver Einschüchterung und Gewalt gegen Mitglieder demokratischer Parteien übergegangen. Mit Hilfe gewaltbereiter Anhänger werden nicht nur Kandidatinnen und Kandidaten der SPD verbal und körperlich bedroht. Öffentliche Veranstaltungen werden massiv gestört. SPD-Wahlkampfhelfer werden verfolgt und brutal zusammengeschlagen. Attackiert und eingeschüchtert werden auch Bürgerinnen und Bürger, die sich gegen neonazistische Propaganda zur Wehr setzen oder sich politisch informieren wollen. Diese Ereignisse sind ein offener Angriff auf die Demokratie.

Wes Geistes Kind die NPD ist, hat sie mehrfach in den Parlamenten demonstriert. So verhöhnte die NPD-Fraktion in Dresden die Opfer der Nazi-Diktatur. In einer Debatte im sächsischen Landtag wurden von der NPD in Deutschland lebende Ausländer und Asylbewerber pauschal verunglimpft und beleidigt. In Schwerin bedrohte der NPD-Fraktionsvorsitzende einen Mitarbeiter der Landtagsverwaltung. Hinzu kommen immer wieder zwielichtige Finanztransaktionen, die die Landtage und Staatsanwaltschaften beschäftigen. Verurteilungen von NPD-Funktionären wegen Volkshetzung häufen sich.

Im Vergleich zu den 1,5 Millionen Bürgerinnen und Bürgern in demokratischen Parteien stellt sich die NPD zahlenmäßig weiterhin als Politsekte dar. Aber der Zulauf zur NPD erfüllt uns mit großer Sorge. Allein im vergangenen Jahr konnte sie einen Mitglieder-Zuwachs von 15 Prozent auf nunmehr 7000 Personen verzeichnen. Alarmierend ist auch das weitere Ansteigen des Spektrums der Neonazis, Kameradschaften, Skinheads und „Freien Nationalisten“. Allein dieses Potenzial macht zusammengenommen schon mehr als das Dreifache der NPD-Mitgliedschaften aus. Zahlreiche Waffen- und Sprengstofffunde in der rechtsextremistischen Szene belegen ihre Radikalität und Gewaltbereitschaft.

Wer Rechtsextremismus und die NPD als ein reines Ostproblem oder als ein ausschließliches Jugendphänomen wertet, greift zu kurz. Zwar werden in den alten Bundesländern statistisch gesehen weniger rechtsextreme Straftaten begangen, aber auch hier ist das Ausmaß rechtsextremer Straftaten erheblich: Allein für 2006 zählt die Statistik für die alten Bundesländer 585 rechtsextrem motivierte Gewalttaten. Es zeigt sich nicht erst jetzt, dass Ausländerfeindlichkeit und nationaler Chauvinismus in Ost wie West weit verbreitet sind. Rechtsextremismus ist kein Randphänomen mehr, sondern eine ernste Gefahr für unsere Demokratie, die bis in die Mitte unserer Gesellschaft reicht.

3. Kapitel: Bilanz der Arbeit gegen Rechts
Die SPD hat eine lange Tradition im Kampf gegen den Rechtsextremismus. Unseren Grundwerten und unserer Geschichte verpflichtet stehen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten mit voller Überzeugung häufig in vorderster Reihe, wenn es gilt dem Rechtsextremismus in Deutschland Einhalt zu gebieten.

Alte und neue Regierungsprogramme gegen Rechts
In den zurückliegenden Jahren haben wir den Kampf gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit auf die politische Agenda gesetzt. Unter Bundeskanzler Gerhard Schröder hat sich die Bundesregierung in einem noch nie da gewesenen Umfang finanziell und organisatorisch in diesen Kampf engagiert.

Mit dem Aktionsprogramm „Jugend für Toleranz und Demokratie – gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus“ wurde vor allem in Ostdeutschland durch die Programme ENTIMON und CIVITAS wahre Kärrnerarbeit zum Aufbau und zur Stärkung zivilgesellschaftlicher Strukturen geleistet. Mit rund 200 Millionen Euro Fördergeldern wurden mehr als 4500 Projekte, Initiativen und Maßnahmen gefördert. Zusätzlich wurden mit 75 Millionen Euro des Europäischen Sozialfonds durch das XENOS-Programm weitere 250 Projekte gegen Rechts gefördert.

Die wissenschaftliche Evaluation gibt diesem neuen Programmansatz recht und bescheinigt ihm Wirksamkeit für die Zivilgesellschaft. Die Bundesregierung muss als wichtiger politischer Akteur weiterhin nicht nur erkennbar Position beziehen, sondern die Entwicklung wirksamer Strategien gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus aktiv, d.h. langfristig finanziell unterstützen. Klar muss dabei sein, dass das durch Sparmaßnahmen bedingte Wegbrechen der Jugendarbeit und der öffentlichen Freizeitangebote für Jugendliche in Ostdeutschland niemals durch ein Modell- oder Bundesprogramm kompensiert werden kann.

Im Wahlmanifest zur Bundestagswahl 2005 und im Koalitionsvertrag hat die SPD ein klares Bekenntnis zu den Projekten und Initiativen der Zivilgesellschaft im Kampf gegen Rechts abgegeben. So heißt es im Koalitionsvertrag: „Wir wollen den Kampf gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit für Demokratie und Toleranz fortführen und auf Dauer verstetigen.“

Entgegen dieser Vorgaben versuchte das CDU-geführte Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ein neues Bundesprogramm aufzulegen. Im Rahmen dieses Programms hätte bei gleichbleibenden Mitteln auch der Kampf gegen Islamismus und Linksextremismus finanziert werden müssen.
Gleichzeitig sollte der erfolgreiche Ansatz zur Stärkung der Zivilgesellschaft im Kampf gegen Rechts massiv beschnitten werden. Dies hätte das Aus sowohl für die Mobilen Beratungsteams, Opferberatungs- und Netzwerksstellen bedeutet.

Durch massive Intervention der Parteispitze und der SPD-Bundestagsfraktion ist es uns gelungen, substantielle Änderungen gegen das Ministerium durchzusetzen.
Die von der Union geplante Ausweitung des neuen Programms auf die Bekämpfung von Islamismus und Linksextremismus und die damit de facto verbundene Mittelkürzung konnte verhindert werden. Das Programm „VIELFALT TUT GUT. Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie“ umfasst weiterhin 19 Millionen für den Kampf gegen Rechts. Als weiteren Erfolg der SPD-Fraktion können wir verbuchen, dass die Mobilen Beratungsteams und die Opferberatungsstellen in das neue, zusätzliche bundesweite Programm „Förderung von Beratungsnetzwerken – Mobile Intervention gegen Rechtsextremismus“ überführt werden konnten. Hierfür stehen jährlich 5 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung.

Auch wenn die SPD nicht restlos mit der Umsetzung der neuen Programme durch das Ministerium zufrieden sein kann, so konnte ein Kahlschlag im Kampf gegen den Rechtsextremismus aus dem von der Leyen – Ministerium und der Union verhindert werden. Darauf können wir zu Recht Stolz sein.

Projektgruppe des Parteivorstands „Gegen Rechtsextremismus“
Im Herbst 2004 gründete der SPD-Parteivorstand die Projektgruppe „Gegen Rechtsextremismus“. Unter der Leitung von Niels Annen leistet die Projektgruppe Hilfestellungen für SPD-Gliederungen im Kampf gegen Rechts.
Zudem fungiert sie als wertvolle Schnittstelle zwischen der Politik und den Initiativen vor Ort und verfolgt das Ziel, zivilgesellschaftliches Engagement zu stärken sowie Projekte gegen Rechts finanziell zu sichern. Mit zahlreichen Workshops, Broschüren, Ausstellungen, Diskussionsveranstaltungen und einem eigenen Internetauftritt ist sie ein verlässlicher Partner im Kampf gegen Rechtsextremismus geworden.

Unvereinbarkeit mit rechtsextremistischen Burschenschaften
Rechtes Gedankengut hat in der Sozialdemokratie keinen Platz. Die Mitgliedschaft in der SPD ist aus unserem klaren Selbstverständnis heraus unvereinbar mit der Mitgliedschaft in einer rechtsextremistischen Gruppe oder Organisationen. Gemäß der Aufforderung des Parteitags 2005 haben Parteivorstand und Parteirat im März 2006 einen Beschluss gefasst, der die Mitgliedschaft in der Burschenschaftlichen Gemeinschaft grundsätzlich als unvereinbar mit der Mitgliedschaft in der SPD erklärt. Bereits zuvor hatte der Parteivorstand mit seinem Abgrenzungsbeschluss zur Deutschen Burschenschaft (DB) ein wichtiges Signal gegen Rechtsextremismus gesetzt.

Die SPD wird weiter dafür einstehen, rechtsextremen und nationalistischen Tendenzen an den Hochschulen und darüber hinaus den Nährboden zu entziehen. Freiheit, Gleichheit und Solidarität sind unsere Grundwerte gerade auch in der Auseinandersetzung mit rechten Ideologien, die wir offensiv führen werden.

4. Kapitel: Leitlinien der SPD zum Umgang mit dem Rechtsextremismus
Präsidium, Parteivorstand und Parteirat haben im März 2005 Leitlinien verabschiedet, die über den Tag hinaus gelten und in die Gesellschaft ausstrahlen. Der Bundesparteitag macht sich die folgenden 24 Punkte zueigen:

1. Menschenrechte, Demokratie und Solidarität fördern: Aufklärung und Information über die Menschenfeindlichkeit der Rechtsextremen
Wer gegen dumpfe Parolen wirken will, muss selber Bescheid wissen: über die Ideologie und die verfassungsfeindlichen Ziele der Rechtsextremen sowie ihre Organisationen. Die demokratischen Kräfte müssen in der Lage sein, die heutigen Rechtsextremen als das darzustellen, was sie sind: Verächter der universellen Menschenrechte, Nachfolger der massenmörderischen Nazi und ohne Konzepte für die politischen Herausforderungen der Gegenwart.

2. Bekämpfen statt verschweigen
Sechzig Jahre nach Auschwitz haben wir es in Deutschland – wie auch all die Jahre und Jahrzehnte davor – mit Neonazis und Rechtsextremismus zu tun. Diese gesellschaftliche Wirklichkeit ändert sich nicht, wenn sie verschwiegen wird. Deshalb ist es umso wichtiger, eine breite gesellschaftspolitische Offensive gegen den Rechtsextremismus zu starten und Ross und Reiter beim Namen zu nennen. Der Rechtsextremismus muss mit allen zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen und demokratischen Mitteln bekämpft werden.

3. Verharmlosung der NS-Verbrechen nicht zulassen
Die Verbrechen des Nationalsozialismus dürfen nirgendwo verharmlost oder geleugnet werden. Das Erinnern an die Verbrechen des Nationalsozialismus ist eine bleibende Verpflichtung. Denn nur wer sich erinnert, auch wenn er keine Schuld auf sich geladen hat, kann verantwortungsbewusst mit der Geschichte umgehen. Auch wenn Erinnerung anstrengt, dürfen wir der Versuchung zum Vergessen oder zum Verdrängen nicht nachgeben. Vergangenheit können wir weder ungeschehen machen noch „bewältigen“. Aber aus der Geschichte lernen können wir: In Deutschland dürfen Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit keine Chance haben.

4. Antisemitismus nicht dulden
Vor wachsendem Antisemitismus dürfen wir die Augen nicht verschließen. Wir müssen dieser Besorgnis erregenden Entwicklung mit Entschiedenheit entgegentreten. Dazu gehört auch, die weit verbreiteten unterschwelligen antisemitischen Vorurteile zu entkräften. Deshalb thematisieren wir nicht nur den Holocaust, sondern versuchen auch über jüdische Religion sowie deutsch-jüdische Geschichte und Gegenwart aufzuklären und zu informieren.

5. Gewalttätigkeit ächten
Rechtsextreme sind oft gewalttätig und kriminell. Gerade zahlreiche NPD-Funktionäre sind einschlägig vorbestraft oder müssen mit einer Verurteilung rechnen. Die angebliche Absage der rechtsextremen Parteiführer an Gewalt ist Augenwischerei. Gewalttäter haben in der Politik nichts zu suchen.

6. Verfassungsfeindlichkeit hervorheben
Das Bundesverfassungsgericht hat der NPD im Frühjahr 2003 keinen Persilschein ausgestellt – das Verbotsverfahren wurde aus verfahrensrechtlichen Gründen eingestellt. Aber die Möglichkeiten und Aussichten müssen sorgfältig geprüft werden. Und: Ein Verbotsverfahren schafft das Kernproblem "Rechtsextremismus" nicht aus der Welt. Wir dürfen die Auseinandersetzung mit den neuen Nazis nicht allein den Gerichten überlassen. Wir müssen die Verfassungsfeindlichkeit der Rechtsextremen immer wieder hervorheben. Deshalb muss die NPD verboten werden.

7. Der Tarnung nicht auf den Leim gehen
Bei einem bedeutenden Teil der Rechten hat ein Wandel in der Ideologie stattgefunden: Einige tarnen sich als Biedermänner. Ihre offiziellen Parteiprogramme sind bewusst schwammig formuliert. Wichtig ist, genau hinzuhören, was die Rechtsextremen wirklich sagen und meinen. Wer mit Rechtsextremen über Sachthemen diskutiert, läuft Gefahr, ihrer Strategie auf den Leim zu gehen. In der politischen Auseinandersetzung mit den Rechtsextremen muss entlarvt werden, was diese wirklich wollen. Rechtsextreme sind Verfassungsfeinde, sie wollen eine andere Gesellschaftsordnung.

8. Wehrhaftigkeit und Standhaftigkeit der Demokratie beweisen
Im Parlament kann es für uns keine Bündnisse, keine gemeinsamen Anträge, kein gemeinsames Abstimmungsverhalten mit Rechtsextremen geben. Die Demokraten müssen die besseren Parlamentarier sein und souverän ohne Aggressivität die Rechtsextremen in die Schranken weisen. In der parlamentarischen Auseinandersetzung lassen wir uns deshalb von Rechtsextremen keine Themen aufzwingen. Mit Verfassungsfeinden kann es keine parlamentarische Normalität geben.

9. Wer Rechtsextreme wählt, ist kein Protestwähler, sondern unterstützt Neonazis
Wer rechtsextrem wählt, verlässt den Grundkonsens unserer Gesellschaft. Wähler der rechtsextremen Parteien unterstützen mit ihrer Stimme deren verfassungsfeindliche Ziele. Das muss auch so gesagt werden und darf nicht verharmlost oder verniedlicht werden. Stimmabgabe für die Braunen ist keine gesellschaftlich akzeptierte Protestwahl.

10. Keine Stimmen für die Rechtsextremen
Mit den Rechtsextremen gibt es keine gemeinsame Basis - auch nicht in Ausnahmen. In den Parlamenten darf grundsätzlich nicht gemeinsam mit den Rechtsextremen abgestimmt werden. Wer mit den Rechtsextremen stimmt, macht sie hoffähig.

11. Strikte Trennlinie ziehen
Die Abgrenzung demokratischer Politiker/innen gegen rechtsextremes Gedankengut muss klar und eindeutig sein. Gemeinsame Auftritte mit Vertretern der NPD oder DVU auf Veranstaltungen und Podien nutzen in der politischen Auseinandersetzung nicht. Es darf auch keinerlei Beiträge oder Interviews für extrem rechte Zeitschriften geben. Dies gilt insbesondere für Blätter wie die "Junge Freiheit", die sich damit als demokratisch legitimieren wollen.

12. Als Demokraten höhlen wir im Kampf gegen Verfassungsfeinde nicht die Grundordnung aus
Ob versucht werden soll, eine Demonstration verbieten zu lassen, muss von Fall zu Fall entschieden werden. Aufmärsche werden von den Gerichten meistens erlaubt, auch Rechtsextreme haben in der Demokratie Grundrechte. Da sind die Bürgerinnen und Bürger vor Ort gefordert, mit Kreativität und Vielfalt friedlich gegen das braune Treiben anzutreten.

13. Parteilichkeit der Demokratie - Das Netzwerk der Demokraten
Die demokratischen Parteien und Politiker dürfen nicht selber Politik- und Parteienverdruss durch Fehlverhalten, gegenseitige Beschimpfung und Unglaubwürdigkeit fördern.
Der Kampf gegen den Rechtsextremismus darf nicht instrumentalisiert werden. Neben der erwünschten Konkurrenz zwischen den demokratischen Parteien ist vielfach die übergeordnete Parteilichkeit der Demokratie gefordert. Partei bedeutet Teil eines Ganzen. Aufgabe der demokratischen Kräfte ist es, gemeinsam gegen rechtsextremistische Positionen Stellung zu beziehen und zu zeigen, dass Deutschland eine weltoffene, auf Frieden und Freiheit gegründete Demokratie ist. Gemeinsam muss der Einzug rechtsextremer Parteien in den Bundestag und weitere Landesparlamente verhindert werden.

14. Grenzen aufzeigen: Intervention und Null-Toleranz
Auch wenn es nur eine Minderheit in der Gesellschaft ist, die rassistischem, fremdenfeindlichem oder antisemitischen Gedankengut anhängt, wir dürfen dieser Minderheit nicht einen Fußbreit Raum lassen. Wo die Grenze zur Kriminalität überschritten wird und Straftaten begangen werden, muss der Rechtsstaat sich konsequent zur Wehr setzen. Polizei und Justiz müssen dafür sorgen, dass strafrechtliche Tatbestände unverzüglich verfolgt werden.

15. Gesellschaftliche Bündnisse schmieden
Zivilcourage zeigen, nicht wegsehen! Den Rechtsextremen nicht den öffentlichen Raum überlassen. Rechtsextremen Umtrieben müssen wir mit Entschiedenheit entgegentreten. Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stehen oft an der Spitze von Bewegungen, die Gesicht zeigen. Es gilt, breite gesellschaftliche Bündnisse zu schmieden. Jeglicher Gewaltbereitschaft ist eine klare Absage zu erteilen.

16. Opfer rechter Gewalt schützen
Rechtsextreme Gewalttäter suchen ihre Opfer häufig unter Minderheiten (Ausländer, Behinderte, Obdachlose oder auch Homosexuelle). Es kann nicht hingenommen werden, dass in unserer Gesellschaft Menschen angegriffen werden. Wir dürfen die Opfer rechter Gewalt nicht alleine lassen, sie genießen unseren Schutz und unsere Solidarität.

17. Kein Platz für Rechtsextremismus im Wirtschafts- und Arbeitsleben
Alle Beschäftigten haben dafür Sorge zu tragen, dass rechtsextreme Propaganda und Parolen im Wirtschafts- und Arbeitsleben nicht geduldet werden. Die Führungskräfte sind im besonderen Maße als persönliche Vorbilder in der Verantwortung. Arbeitgeber und Betriebs- bzw. Personalräte müssen ermuntert werden, die zahlreich vorhandenen Möglichkeiten zur Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus praktisch zu nutzen.

18. Keine Plattform für rechtsextreme Propaganda in den Medien
Die Pressefreiheit ist ein grundgesetzlich verbrieftes Recht. Rechtsextreme gehören aber grundsätzlich nicht in Talkshows oder Gesprächsrunden in Funk und Fernsehen. In den Printmedien haben Interviews mit Rechtsextremen nichts verloren. Medien müssen über Rechtsextreme berichten. Sie sollten ihnen aber kein Forum bieten, weil diese damit aufgewertet werden. Es gilt auch hier der Leitsatz von Hanns Joachim Friedrichs: "Schreiben, was Sache ist. Senden, was Sinn macht."

19. Informationen für Medien transparent machen
Die Medien dürfen den Rechtsextremismus nicht totschweigen. Sie müssen zur Erfüllung ihres Auftrags der informativen Grundversorgung auch über Rechtsextreme informieren. Wichtig ist hier, Journalisten das nötige Rüstzeug zur Verfügung zu stellen, partnerschaftlich Wissen und Kenntnisse über Details auszutauschen. Sinnvoll ist auch, in regelmäßigen Gesprächsrunden Hintergrundinformationen anzubieten und so dem aufklärenden Journalismus zu helfen.

20. Öffentlichkeit suchen
Die Auseinandersetzung mit den Rechtsextremen muss überall stattfinden. Unter zahlreichen anderen Möglichkeiten können wir u.a. öffentliche Stellungnahmen dazu verbreiten sowie in Nachbarschaftsgesprächen aufklären und informieren. Beschwerde- und Leserbriefe sind vor allem immer dann ratsam, wenn jemand rechten Parolen nacheifert. Auch lobende Briefe für gelungene Sendungen oder Artikel können positiv ausstrahlen

21. Dauerhaftigkeit statt Strohfeuer-Aktionismus entfachen
Das Engagement zur Beseitigung des Rechtsextremismus darf nicht in Eintagsfliegen oder Strohfeuer-Aktionismus versanden. Die SPD bekennt sich dazu, dauerhaft gesellschaftliches Engagement gegen Rechtsextremismus ideell und materiell zu unterstützen. Dies schließt die finanzielle Förderung einer nachhaltig wirksamen politischen Bildungsarbeit ein.

22. Den Nährboden entziehen: Prävention und Stabilisierung
Die gelebte Demokratie zeichnet sich durch Vertrauensarbeit aus. Zivilgesellschaftliche und demokratische Strukturen müssen gefördert, Toleranz, Respekt und Weltoffenheit aktiv unterstützt werden. Denn wo demokratisches Miteinander und zivilgesellschaftliche Aktivitäten zu schwach ausgebildet sind, finden rechtsextreme Propagandisten Platz, um ihre menschenverachtende Ideologie in den Köpfen der Menschen zu verankern.

23. Reintegration ermöglichen – zivilgesellschaftliche Alternativen aufzeigen
Das rechtsextreme Spektrum ist kein einheitliches, in sich geschlossenes Gebilde. Mitläufer sind vom harten Kern der Unbelehrbaren zu trennen. Gerade Jugendliche wissen oft nicht, worauf sie sich eingelassen haben und können zur Umkehr bewegt werden. Erforderlich ist ein differenziertes Umgehen, das nicht vorschnell stigmatisiert, dämonisiert oder verharmlost. Die einzelnen Menschen dürfen nicht verloren gegeben werden. Die Gemeinschaft muss offen sein für alle, die den rechtsextremen Organisationen den Rücken kehren. Sie wieder einzubinden in die Zivilgesellschaft ist Herausforderung und Chance zugleich, den braunen Sumpf trocken zu legen.

24. Rückgrat ausbilden für den Umgang mit Rechtsextremen
Wer im Parlament mit Rechtsextremen zu tun hat, muss Unterstützung durch (innerparteiliche) Bildungsangebote erfahren, die Wissensaufbau und Handlungskompetenz fördern.

5. Kapitel: NPD verbieten und den Kampf gegen Rechtsextremismus entschieden führen

Die Gefahren, die von Rechtsextremisten ausgehen, muss der Rechtsstaat mit allen Mitteln bekämpfen. Für diese Auseinandersetzung der wehrhaften Demokratie gegen die alten und neuen Nazis müssen alle gesellschaftlichen Gruppen und alle politischen Ebenen gerüstet sein. Alle Demokraten müssen diesen Gefahren aktiv entgegentreten und sie gemeinsam überwinden.

Für die SPD und ihre Mitglieder heißt dies insbesondere: Jede / jeder kann und muss, ob Mandatsträger/in oder einfaches Mitglied, dem rechtsextremistischen Unwesen in seinem/ihrem Verantwortungsbereich entgegenwirken. Eine Zusammenarbeit mit Rechtsextremen darf auf keiner Ebene stattfinden.
Wir sind stolz auf die viele tausend Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, die sich in Initiativen, Projekten und Bürgerbündnissen gegen Rechts engagieren. Dazu gehört, neben der Arbeitsgemeinschaft ehemals verfolgter Sozialdemokraten (AvS), beispielsweise auch die Erinnerungsarbeit in Geschichtsvereinen, die „Aktion Stolperstein“, die Arbeit im Verein „Gegen Vergessen – Für Demokratie“ oder im Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold. Wir brauchen eine „Kultur des Erinnerns“.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben keinen Zweifel, dass die NPD eine aggressiv-kämpferische Grundhaltung gegenüber unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung hat. Deshalb muss die NPD verboten werden. Wir sehen nicht tatenlos zu, wie die NPD mit Steuergeldern ihre menschenfeindlichen Aktivitäten vorantreibt.

Wir fordern Bundestag, Bundesregierung und Bundesrat auf, einen Fahrplan für ein Verbot der NPD zu erarbeiten. Die SPD-Bundestagsfraktion wird gebeten, hierzu die Initiative zu ergreifen.

Wir wissen: Rechtes Denken, Rechtsextreme auf den Straßen und Neonazis in den Parlamenten kann man nicht mit einem Ruck aus der Gesellschaft reißen. Der Kampf gegen den Rechtsextremismus kann nicht allein mit polizeilichen und juristischen Mitteln gewonnen werden. Was wir brauchen ist eine wehrhafte Demokratie: Denn die Gefahr der rechtsextremistischen Gesinnung und der rechtsextremistischen Gewalt wird nicht von selbst verschwinden.

Die politische Bildung zur Abwehr des menschenfeindlichen Rechtsextremismus muss an Schulen und anderen Bildungseinrichtungen gefördert werden. Insbesondere für Lehrerinnen und Lehrer müssen die bestehenden Bildungsangebote flächendeckend angeboten werden.

Parteipolitische Unabhängigkeit, Pluralismus und Überparteilichkeit sind im deutschen Bildungssystem eine Errungenschaft. Aber das darf nicht mit Standpunktlosigkeit verwechselt werden. Demokratie braucht politische Bildung, die auch in den Schulen und Jugendeinrichtungen entschieden Partei für die Demokratie ergreift.

Im Justizwesen gilt es für eine bessere Ausstattung der Staatsanwaltschaften sowie für zeitnahe Verfahren und Verurteilungen von rechtsextremistischen Tätern zu sorgen. Die bundesweite Bildung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften und Sonderkommissionen ist hierfür der wichtige Weg. Wir brauchen keine neuen, sondern die konsequente Anwendung bestehender Gesetze.

Die Polizeien von Bund und Länder müssen für eine Null-Toleranz-Strategie gegen Rechtsextremismus sensibilisiert und qualifiziert werden.
Die gegen Rechtsextremisten verhängten Buß- und Strafgelder sollen Initiativen zugute kommen, die den Rechtsextremismus bekämpfen. Die Feinde der Verfassung sollen helfen, ihre Gegner zu finanzieren. Wir ermutigen die Initiativen ausdrücklich, sich bei den Gerichten in die entsprechenden Listen der förderungswürdigen Organisationen eintragen zu lassen.

Die Innenminister und Senatoren der Länder sollen den Kommunen Handlungshilfen in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus, insbesondere bei der Handhabung des Versammlungsrechts anbieten. Die Kommunen sind aufgerufen, den Spielraum des Versammlungsrechts zur Verhinderung von Naziaufmärschen konsequent auszuschöpfen.

Kommunale Verantwortungsträger dürfen vor rechtextremistischen Umtrieben in ihren Gemeinden nicht die Augen verschließen. Sie tragen die Verantwortung, dass die Förderprogramme des Bundes und der Länder gegen Rechts auf kommunaler Ebene auch abgefordert, kofinanziert und umgesetzt werden.

Die SPD wird ihre Beratung für Kommunalpolitiker und alle Ehrenamtlichen intensivieren und fordert die anderen demokratischen Parteien dazu auf, gleiches zu tun.
Die SPD wird ihre Kontakte zur Zivilgesellschaft, vor allem zu Gewerkschaften, Kirchen, Vereinen sowie zu Künstlerinnen und Künstler intensivieren.
Gleichzeitig ächten wir eventuelle vorhandene Kontakte zwischen SPD-Mitgliedern zu zweifelhaften rechten Gruppierungen und Initiativen sowie zu rechten Presseorganen wie der „Jungen Freiheit“.

 

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